Blogeintrag

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Der Mensch ist kein rationales Wesen. Und, Sie wissen es längst, der Energiehändler leider auch nicht. Gewinne werden zu früh mitgenommen, Verluste zu spät realisiert, es mangelt an Geduld, auf das zuvor ermittelte Einstiegssignal zu warten, und dann der ganze Stress und die Emotionen... Teil 1 meiner Newsletter-Reihe "Die Psychologie des Energiehändlers" lieferte einen Einstieg in die Grundlagen menschlichen Entscheidungsverhaltens. Dieses Wissen ist entscheidend, wenn Sie verstehen wollen, warum Sie bislang Ihr umfangreiches Fachwissen als Energiehändler nicht auch erfolgreich umsetzen konnten. Lernen Sie mehr über systematische Fehler in der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung und schaffen Sie damit die Grundlage für Ihren langfristigen Börsenerfolg.

Selektive Wahrnehmung

Ein Mensch muss täglich mehrere zehntausend Entscheidungen treffen! Dafür muss er unzählige Faktoren aus seiner Umwelt, seine Überzeugungen, Meinungen und sein Wissen berücksichtigen. Um dennoch in angemessener Zeit zu einem Urteil zu gelangen, nutzt er verschiedene Mechanismen, um die Komplexität einer Entscheidung zu reduzieren. Das bedeutet am Ende nichts anderes, als dass nicht alle potentiell zur Verfügung stehenden Aspekte berücksichtigt werden können. Zudem geschieht vieles davon blitzschnell auf einer unbewussten Ebene - ansonsten würde der Tag für die Menge an Entscheidungen nicht ausreichen. Man spricht von selektiver Wahrnehmung. Und bei der Selektion sind wir alles andere als objektiv. Die Auswahl wird getroffen anhand von Vorannahmen, Glaubenssätzen und Überzeugungen. Diese wiederum sind das Ergebnis jahrelanger Prägung, angefangen in der Kindheit. Erschwerend kommt hinzu, dass wir unbewusst eine Neigung dazu haben, unsere Vorannahmen, Glaubenssätze und Überzeugungen zu bestätigen. Nur ungern möchten wir sie grundsätzlich überdenken und verändern. Denn auch das würde uns in unserem täglichen Leben schlichtweg überfordern.

Kognitive Dissonanz

Da wir gleichzeitig stets nach Harmonie und Sicherheit streben, geraten wir bei Entscheidungen immer in einen Zwiespalt. Denn die Entscheidung FÜR die eine Alternative, bedeutet immer auch den Verzicht auf die andere. Fachleute nennen dieses unbehagliche Gefühl kognitive Dissonanz. Um uns wieder gut zu fühlen, helfen uns verschiedene, teils unbewusste, Mechanismen. Das ist am Ende wichtig, damit wir nicht ständig unsere Entscheidungen wieder verwerfen - wie gesagt, dafür sind es einfach zu viele, die täglich getroffen werden müssen. Was uns im Alltag also das (Weiter-)Leben sichert, wird uns allerdings beim Handeln an der Börse zum Verhängnis - wenn wir uns dieser Mechanismen nicht bewusst sind.

Stellen Sie sich vor, Sie haben sich entschieden mit Strom short zu gehen. Entgegen Ihrer Vermutung steigt der Kurs allerdings an und ihre Position verliert deutlich an Wert. Vielleicht fällt sogar eine andere Position, die Sie erwogen haben zu verkaufen, aber sich schlussendlich doch dagegen entschieden haben. Es entsteht ein unangenehmes Gefühl der Reue in Ihnen. Um dieses negative Gefühl zu reduzieren, werden Sie nun gute Gründe finden, warum Sie sich eingangs so entschieden haben.

Wie hoch ist das eigene commitment?

Gründe, die dagegen sprechen, werden tendenziell ausgeblendet oder mindestens abgewertet. Vielleicht werden Sie Informationsquellen, die für Ihre Entscheidung sprechen, mehr Bedeutung beimessen als anderen oder Personen, die gegenteiliger Meinung sind, in ihrer Fachlichkeit herabsetzen. Kurz: Sie werden nicht mehr objektiv in Bezug auf Ihren Chart recherchieren. Und das umso mehr, je mehr sie sich mit Ihrem Handelsplan identifizieren, je höher ihr commitment ist. Setzen Sie nur den Plan eines anderen um, ist ihr commitment in der Regel geringer und es fällt Ihnen leichter, objektiv zu bleiben. Sie empfinden nicht so eine starke Dissonanz, wenn es nicht nach Ihrem Plan läuft. Haben Sie dagegen selbst viel Zeit und Energie in die Recherche gesteckt und sich vielleicht gegen die Meinung von Kollegen oder die allgemeine Norm gestellt, ist die erlebte Dissonanz größer.

Was hilft, ist es, sich konsequent an Ihren Handelsplan zu halten und Ausstiegssignale nicht aufgrund neuer Recherchen zu verschieben bzw. zu ignorieren. Machen Sie sich bewusst, dass Sie neue Recherchen nicht mehr objektiv anstellen und Sie womöglich dabei nur in Ihre eigene Wahrnehmungsfalle tappen würden.

Auch der nächste Teil meines Newsletters beschäftigt sich mit den für Sie als Energiehändler relevanten Prozessen menschlicher Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung und erläutert Ihnen die Hintergründe, warum es Ihnen und Ihren Tradingkollegen oft so schwer fällt, Gewinne laufen zu lassen, Verluste dagegen häufig zu spät realisiert werden. Und wenn Sie noch mehr erfahren möchten, besuchen Sie doch einfach mein Seminar "Die Psychologie des Energiehändlers" am 06.07.2018 in Düsseldorf (bitte hier klicken).

Mentale Grüße von Regine Küster

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