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Von Robin Girmes, RM Energy Weather GmbH
Abgesehen von kurzlebigen Warmlufteinschüben mit rasch nachfolgenden Gewittern hatte der Sommer 2016 bislang lediglich in KW 29 einen hochsommerlichen Witterungsabschnitt zu verzeichnen, begleitet von wenig Wind und viel PV. Objektiv betrachtet waren Mai, Juni und Juli in Deutschland zwar jeweils rund 1,5 Grad wärmer als im Durchschnitt, jedoch mit mehr Niederschlag und weniger Sonnenstunden als üblich.
Nun bahnt sich in den Wettermodellen für die KW 32 ein erneuter und markanter Temperaturrückgang an, dieses Mal jedoch sind zumindest für den Energiemarkt ein paar Details anders als in den Vorwochen. Aufgrund einer seltenen aber derzeit ausgeprägten Dipolsituation des Luftdrucks in der Arktis werden von hier in breitem Strom Luftmassen auf den Nordatlantik gelenkt, der jetzt sein jährliches Wassertemperaturmaximum erreicht. Diese Differenz, verstärkt durch die in Südwesteuropa vorhandene sehr warme Luft, sorgt für Kontraste wie sie sonst eher im Winterhalbjahr erscheinen. Als Konsequenz hieraus findet kräftige Tiefdruckentwicklung statt, für deren Konsequenzen sich derzeit zwei mögliche Wetterszenarien abzeichnen:
Szenario A) Die Kaltluft wird vom Azorenhoch leicht nach Osten abgelenkt und die Tiefdruckaktivität beschränkt sich weitgehend auf das Europa nördlich der Alpen. Dann sind Windleistungserwartungen, wie sie beispielsweise Einzelläufe des Amerikanischen Wettermodells präsentieren, durchaus denkbar. So gäbe es Einspeisewerte von über 10 GW für mehrere Tage, darunter kurze Abschnitte, die auch Potential für mehr als 20 GW Windkrafterzeugung aufweisen. Somit würde auf einen sehr PV-intensiven Abschnitt zu Wochenbeginn viel Wind bis einschließlich des Wochenendes auftreten. Was dies für die Strompreise inmitten der Sommerferien bedeuten kann, lässt sich beispielhaft an der unteren Szenariorechnung unseres Modells „weather2prices“ erkennen, stellvertretend für rund 20% Eintrittswahrscheinlichkeit (siehe Abbildung unten).
Szenario B) Die Kaltluft wird in breitem Strom auch über Frankreich südwärts gelenkt und kann jenseits der Alpen über dem Mittelmeer ein weiteres Tiefdruckgebiet verursachen. In diesem Fall würde sich die Luftmasse über dem sehr warmen Mittelmeer mit sehr viel Feuchtigkeit anreichern und diese im Verlauf des Wochenendes möglicherweise über einer Stecke von Norditalien über Österreich, Bayern, Tschechien, Ostdeutschland und Polen wieder abregnen lassen (sogenannte Vb-Zugbahn). Diese Tiefdruckzugbahn im Sommer ist berüchtigt, verursachte sie doch mehrmals markante Hochwassersituationen in den letzten 20 Jahren (Oder-, Elbehochwasser, zuletzt 2013 Hochwasser im gesamten östlichen Mitteleuropa) . Sollte diese Wetterentwicklung eintreten, so wird die Hydropowererzeugung im Alpenraum und Balkan fortan bearish durch den Spätsommer hindurch bleiben. Bezüglich Wind wäre dann die intensivste Erzeugung etwas verspätet gegenüber Szenario A erst für das Wochenende zu erwarten, dann sind bei dieser Zugbahn ebenfalls Einspeisemengen von mehr als 10 GW wahrscheinlich. In Summe wäre in diesem zweiten Szenario über die Woche insgesamt gesehen mit weniger Solar- und Windleistung zu rechnen. Gerade aufgrund der hydrologischen Implikationen wäre der Hochsommer hierdurch allerdings nachhaltiger beendet.
Kann der Sommer danach nochmals zurückkehren? Grundsätzlich ist hochsommerliches Wetter bis etwa KW 36 möglich, jedoch sprechen mindestens drei Faktoren bereits gegen die Möglichkeit für signifikant durch das Wetter erhöhte Preise: Ab etwa Mitte August werden die Tiefstwerte bereits wieder etwas kühler, da die Nächte länger werden. Somit sind die Tagesmittelwerte trotz vielleicht hoher Höchstwerte geringer als noch vor wenigen Wochen. Als zweites Argument dagegen ist zu nennen, dass die bereits zurückgehende Maximalstrahlung es nicht mehr schafft eine Luftmasse auf die gleiche Weise „durchzuheizen“ wie noch im Juni oder Juli, somit könnten besonders hohe Werte also nur noch in Verbindung mit zumindest einigen GW Wind auftreten. Als dritter Punkt, der gegen das Auftreten einer richtig bullishen Sommerwetterlage für Frankreich oder Deutschland spricht, ist die weiterhin relativ hohe runoff river Erzeugung (auch ohne Szenario B für nächste Woche), die noch maßgeblich aus dem nassen Frühjahr herrührt und kritisch hohe Wassertemperaturen bezüglich Kühlwasser verhindert.
Somit scheint die Perspektive dieses Jahr bereits sehr früh wieder weg von Risiken für hohe Preise durch Hitzewellen hin in Richtung frühzeitiges Erfassen windreicher Wetterlagen zu gehen.
Wie dies mit einer vernünftigen Risikobereitschaft gelingt und die durch das Wetter verursachte Strompreisvolatilität als Chance begriffen werden kann, können Sie gerne in unserem neuen Seminar „Nutzbarkeit der Meteorologie im Energiehandel – Das Wetterseminar“ erlernen, welches wir erstmals am 12. September in Düsseldorf anbieten.
Rechtliche Hinweise
Autor: Robin Girmes
Herausgeber ist die RM Energy Weather GmbH, in deren Auftrag die EnerChase GmbH & Co. KG die Analysen auf www.EnergyCharts.de veröffentlicht.
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