Blogeintrag

Strom Frontjahr Base und Brent Crude - Geht den Bullen die Luft aus?

(Abbildungen nur für eingeloggte Nutzer sichtbar - siehe weitere Hinweise unten)

Die Kurskapriolen der vergangenen Wochen im Strom Frontjahr Base übertreffen die Erwartungen der Marktteilnehmer. Auch kleine Rücksetzer werden sofort wieder gekauft, was zu panikartigen Zuständen führt, bei der alle Händler in nur eine Richtung rennen (müssen), ob sie nun wollen oder nicht. Wenn die Preise immer weiter steigen und Stopps gerissen werden, bleibt einem keine andere Wahl, als sich „bis zu einem gewissen Punkt“ hinter den Markt zustellen. Aber wann könnte dieser Punkt erreicht sein? Dieser Fragestellung wollen wir in dieser Analyse nachgehen.

Gespräche mit anderen Marktteilnehmern auf dem Montel Energy Day in Düsseldorf letzten Mittwoch haben ergeben, dass in den vergangenen Tagen bei den meisten Händlern Positionen überwiegend im Verlust geschlossen werden mussten. Ohne Rücksetzer gab es halt auch kaum eine Chance, Vertriebsmengen im Gewinn wieder zurück zu kaufen.

Auch mal mehrere Positionen hintereinander im Verlust schließen zu müssen, sollte vom Verständnis her für den Händler genauso dazu gehören, wie für den Bäcker das früh morgendliche Aufbereiten des Teiges zum Backen der Brötchen in der Backstube. Mit einem Unterschied, der Bäcker wird dabei nicht nervös, er gerät nicht in Stress und auch nicht in Panik, wenn der Teig mal nicht so wird, wie er sich das ursprünglich vorgestellt hat. Das passiert ihm halt hin und wieder und es gehört zu seinem Tagesgeschäft dazu. Wenn es aber um den unmittelbar messbaren Faktor Geld geht und den nach Handelsschluss publizierten P&L Report in einer Handelsabteilung eines Energieversorgers, ist es für den externen Betrachter nur schwer nachvollziehbar, dass die aufgelaufenen und möglicherweise auch noch wachsenden Verluste zum Geschäftsmodell einfach dazu gehören.   

Gerade der Strommarkt ist an eine lange Phase fallender Preise gewöhnt. Wenn diese für das Sales Trading prädestinierte Marktlogik aber urplötzlich aus den Fugen gerät, müssen wir uns erst einmal umgewöhnen. Dafür bleibt dann allerdings nicht viel Zeit und wir geraten schnell in Panik. Dies geht wiederum zahlreichen Marktteilnehmern so und die exponentiell steigenden Notierungen führen zu Herdenverhalten unter den Akteuren, in welcher „die Hausse die Hausse nährt“. Die Psychologie des Marktes ist damit über kurz oder lang das Ausschlaggebende, bevor sich wieder mehr Realismus durchsetzen kann. Dieser setzt sich schlussendlich dann durch, wenn die Verluste emotional verarbeitet wurden und die Distributionsphase abgeschlossen ist. Lesen Sie dazu weiter unten unsere Technische Analyse zum Strom Frontjahr Base und Brent Crude Frontmonat.

Durch die Panikkäufe nach dem Bekanntwerden der Peabody-Pleite wurden die in unserer Analyse anvisierten Kursziele nach dem Ausbruch aus dem Horizontalwiderstand  bei 22,65 €/MWh zügig abgearbeitet (klicken Sie hier um zur Analyse vom 11.04. zu gelangen - Strom Frontjahr Base und Brent Crude vor wichtiger Weichenstellung!).

Letzte Woche ging es in der Spitze hinauf bis auf 26,5 €/MWh. Damit wurde das Opening-Down-Gap vom Jahresanfang fast geschlossen - obere Gap-Kante 26,61 - untere Gap-Kante 26,32 (siehe Chart 1). Ein Überschreiten der oberen Gap-Kante gelang jedoch nicht, wodurch die Notierungen in den letzten drei Handelstagen der vergangenen Woche erneut merklich zurück kamen. Der Last Trade an der EEX lag am Freitag bei 24,65 €/MWh.

Dabei ist es interessant festzustellen, dass die Tageskerze, welche das besagte Hoch markiert, ein deutlich anziehendes Volumen zu verzeichnen hat. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die Distributionsphase mittlerweile abgeschlossen wurde und wir am Markt ein sogenanntes „Buying Climax“ vorfinden.

Die Distributionsphase geht auf Charles Dow im vorletzten Jahrhundert zurück und besagt, dass die Positionen nach einer starken Hausse von den starken Händen auf die schwachen Hände übergegangen sind. Auf unseren Strommarkt übertragen bedeutet das, dass die großen Tradinghäuser nach der vergangenen Rallye bereits wieder short positioniert sein könnten und die Stadtwerke ihre Mengen wiederum an die Vertriebskunden abgegeben haben. Damit schwindet der Kaufdruck, wenn auch der kleinste Tranchenkunde, der alle zwei Wochen freitags mal auf die EEX schaut, seine Mengen vorerst eingedeckt hat.

 

In Chart 2 erkennen wir einen mustergültigen „Shooting Star“ auf Wochenbasis. In dieser übergeordneten Zeitebene würde mit einem Wochenclose unterhalb von 22,80 €/MWh dieser fallende Stern zu einer Drei-Kerzen-Evening-Star-Formation, welche ein oberes Candlestick-Umkehrmuster darstellt. Bis zu dieser Bestätigung ist es allerdings noch ein weiter Weg, wodurch wir unseren Blick zunächst zwei Zeitebenen tiefer auf den Strom Stundenchart 3 richten wollen.

Auch in Chart 3 ist das Potential einer oberen Umkehr vorhanden. Fällt der Kontrakt im Stundenclose unter die Marke von 24,55 €/MWh, wäre ein kurzfristiges Verkaufssignal aktiviert, welches mindestens in den Bereich von 23,90 €/MWh führen sollte. Hier ist mit erhöhtem Kaufinteresse zu rechnen, wobei an dieser Stelle das progressive kalkulatorische Abschlagspotential von ca. 1,9 €/MWh aus dieser kurzfristigen oberen Umkehr des Stundencharts noch nicht vollständig abgeschöpft ist.

 

Ein Unterschreiten der Unterstützungsmarke von 23,90 €/MWh sollte daher nicht verwundern, wenngleich dadurch ein weiteres Verkaufssignal generiert würde. Das besagte Abschlagspotential erschöpft sich bei ca. 22,65 €/MWh, womit diese Marke den Sell-Trigger aus der Wochenchart Formation aktivieren würde. Hierfür wäre jedoch ein Wochenclose unterhalb von 22,80 €/MWh erforderlich.

 

Es ist allerdings damit zu rechnen, dass die Unterstützungsmarke von 22,65 €/MWh hohes Kaufinteresse bereithält und das ein Unterschreiten dieser Marke nur schwer zu bewerkstelligen sein dürfte. Ab hier hätte der Markt durchaus wieder die Chance zu steigen. Die Bullen dürften diesen Support nicht so ohne weiteres preisgeben wollen und Preise oberhalb von 22,65 €/MWh sollten weiterhin als tendenziell mittelfristig bullish interpretiert werden. Fällt jedoch auch diese Marke, sollte das Allzeittief bei 20,65 €/MWh in greifbare Nähe rücken können. Aber ob damit der langfristige Abwärtstrend unterhalb von 20,65 €/MWh fortgesetzt werden kann, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig offen.

Bullish würde es demgegenüber erst wieder, wenn es denn Bullen gelingt, das eingangs erwähnte Opening-Down-Gap zu schließen, indem die obere Gapkante bei 26,61 €/MWh auf Tagesschlusskursbasis aus dem Spiel genommen wird.

Tendenzen Strom Cal 17 Base
Die Bären haben nun die Chance, kurz- bis mittelfristig wieder die Oberhand zu gewinnen. Nachdem die Distributionsphase abgeschlossen sein könnte und die großen Tradinghäuser wieder short positioniert sind, wäre mit einem Unterschreiten der Marke von 24,55 €/MWh ein kurzfristiges Verkaufssignal aktiviert.

Kurzfristig bearish < 24,55 €/MWh mit Kursziel 23,90 €/MWh und im Anschluss 22,65 €/MWh. Unterhalb von 22,65 €/MWh würde ein Wiedersehen mit dem Allzeittief bei 20,65 €/MWh nicht verwundern. Die Marke von 22,65 €/MWh dürfte zunächst jedoch nur schwer zu durchbrechen sein.

Bullish > 26,61 €/MWh mit Kursziel 27,85 €/MWh.

 

Brent Crude mit Korrekturpotential?

Nachlassendes Aufwärtsmomentum und damit Druck auf den Kohle- und in der Folge Strompreis könnte aus dem Ölmarkt kommen. Die 50 USD/bbl Marke steht kurz vor der Tür und es ist fraglich, ob sich bereits in dieser Welle ausreichend Kaufkraft mobilisieren kann, um Brent ohne größere Korrekturmaßnahmen über diese psychologische Hürde zu heben.

Trotz nachhaltigem Sprung über die mittlerweile flach verlaufende exponentielle 200-Tage-Linie ist die Aufwärtsdynamik bisher eher verhalten. Brent scheint sich in der 5. Welle eines Impulsmusters seit dem Tief von Mitte Januar bei 27,10 USD/bbl zu befinden (siehe Brent Tageschart 4). Hinzu kommt, dass die letzten positiven Handelstage nicht mehr von einem steigenden Volumen begleitet wurden. Im Gegenteil, die Umsätze waren trotz der vielversprechenden Ausgangslage deutlich rückläufig, was auf wenig Kaufinteresse auf dem aktuellen Niveau schließen lässt. Nach einem kurzen Test der 50 USD/bbl-Marke würde eine Korrektur bis auf die 200-Tage-Linie (aktuell bei 44,44 USD/bbl verlaufend), bzw. bis an die Ausbruchsmarke bei ca. 42,2 USD/bbl nicht verwundern.

Gemäß der „Fraktalen Natur der Märkte“ befindet sich auch die soeben skizzierte Welle 5 in ihrer von rückläufigem Volumen begleiteten 5. Abschlussphase (siehe unterer Stundenchart 5). Ein erstes Warnsignal für die Ölbullen würde bei Unterschreiten der schwarz gestrichelten Aufwärtstrendlinie bei aktuell 46,88 USD/bbl verlaufend erzeugt.

Die Notierungen hätten dann Luft, bis auf 46,13 USD/bbl zu fallen. Unterhalb der in blau hervorgehobenen Auffangzone um 44,50 USD/bbl würde es jedoch merklich bearisher. Hier wäre dann auch die 200-Tage-Linie aus dem obigen Tageschart unterschritten, was wiederum zu einem Pullback an den langfristigen Abwärtstrend (aktuell bei 40,84 USD/bbl verlaufend) führen sollte. Einen Wiedereintritt in diese rot gestrichelte langfristige Negativlinie aus Juni 2014 sollten die Ölbullen aber in jedem Fall vermeiden (siehe letzter Chart 6). 

 

Fazit Brent Crude

Der lang- und kurzfristige Aufwärtstrend bei Brent Crude ist nach wie vor völlig intakt. Weitere Preissteigerungen bis auf 50 USD/bbl sollten daher einkalkuliert werden. Das stark rückläufige Volumen und die fortgeschrittenen Wellenbewegungen in unterschiedlichen Zeitfenstern lassen jedoch Zweifel aufkommen, ob ein Überschreiten der psychologischen 50 USD-Marke im ersten Anlauf gelingen kann. Vielmehr sollte damit gerechnet werden, dass aufgrund der Reife des Trends zuvor eine Korrektur bis auf die skizzierten Ausbruchsmarken bevorstehen könnte. 

 

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Autor: Stefan Küster

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